Projektbeschreibung
An der Uni Gießen im Arbeitskreis Wildbiologie arbeiten wir an einer Studie über die Populationsgenetik des Rotwildes.
Das Rotwild ist in Deutschland in allen Flächenbundesländern verbreitet. Die starke Lebensraumzerschneidung führt zur Verinselung der einzelnen Vorkommen. Isolierte
Populationen sind durch genetische Verarmung gekennzeichnet, was deren Fitness und langfristige Gesunderhaltung bedroht. Prof. Dr. Dr. habil. Gerald Reiner vom Arbeitskreis Wildbiologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen hat diese Problematik bereits in Hessen und Nordrhein-Westfalen federführend untersucht. Aktuelle Studien laufen derzeit in Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz. Ziele der Studien sind die Erhebung des Status quo und die Lokalisation von Barrieren und die Verbesserung des genetischen Austauschs. Auf der Basis hoher Probendichte und exakter Vergleichbarkeit der Ergebnisse entstehen also hochauflösende, lückenlose Informationen, die auch von benachbarten Bundesländern zur Validierung ihrer Rotwildpopulationen genutzt werden können.
Arbeitsplan
Für die Durchführung der Untersuchung sind im Wesentlichen fünf Arbeitsschritte vorgesehen:
- Das Sammeln der Gewebeproben
- Die Laborarbeit
- Die Bioinformatik und Statistik
- Die Auswertung der Ergebnisse
- Die Publikation der Ergebnisse
Das Sammeln der Proben
In der „Thüringer Verordnung zur Festlegung von Einstandsgebieten für das Rot-, Dam- und Muffelwild sowie Bildung von Hegegemeinschaften für das Rot-, Dam-, Muffel- und Rehwild“ (ThürEGHGVO) vom 11. Dezember 2011 sind neben den Grenzen der Einstandsgebiete auch die Zuständigkeiten und Vorgaben für Hegegemeinschaften niedergeschrieben. Das Rotwild kommt in Thüringen auch außerhalb der Einstandsgebiete laut ThürEGHGVO wie zum Beispiel im Nationalpark Hainich und im Waldkomplex Hohe Schrecke als Stand- und viel weiträumiger noch als Wechselwild vor. Für das Rotwild sind folgende Einstandsgebiete mit Aufteilung in Wirkungsbereiche der Hegegemeinschaften in der ThürEGHGVO festgelegt:
- Harz
- Zillbach-Pleß
- Schleiz-Greiz-Bad Lobenstein
- Thüringer Wald-Thüringer Schiefergebirge
- Westlicher Thüringer Wald
- Mittlerer Thüringer Wald (West)
- Mittlerer Thüringer Wald (Ost)
- Schiefergebirge
- Hohes Schiefergebirge.
Es ergeben sich durch Teilung der Einstandsgebiete entlang von Barrieren und unter Hinzunahme bekannter Populationen außerhalb davon 14 Probegebiete. Ziel ist es entsprechend der Studie von Reiner et al. (2019) aus jedem Probegebiet genetisches Material von mindestens 60 Individuen zu untersuchen. Vorzugsweise kommt hier Gewebematerial von erlegten Stücken zum Einsatz. Mit dem Organisieren des Sammelns der Proben wurde im Frühjahr 2024 begonnen, die erste Gewebeprobe wurde am 16.06.2024 genommen. Die Phase des Sammelns richtet sich maßgeblich nach der Jagdzeit des Rotwildes in Thüringen: 16.06.-15.01. eines jeden Jahres. Es sind im Jagdjahr 2024/25 nicht ausreichend Proben für die endgültige Verarbeitung zusammengekommen, sodass 2025/26 in einigen Gebieten weitergesammelt werden muss.
Die Laborarbeit
Die eingefrorenen Gewebeproben werden mit Einmalskalpell auf Petrischale beschnitten. Ein stecknadelkopfgroßes Stück sowie ein größeres Stück Gewebe werden in zwei 2ml Mikroreaktionsgefäße gegeben. Das größere Stück bildet die Rückstellprobe für den Fall, dass die stecknadelkopfgroße Direktprobe kein verwertbares Ergebnis liefert. Nach dem Bescheiden einer jeden Probe werden die untergelegten Petrischalen verworfen, die Skalpelle abgewaschen und in einer Dekontaminationslösung zur Entfernung von DNA-Kontamination auf der Oberfläche gereinigt. Die mit Probematerial befüllten Mikroreaktionsgefäße werden danach eingefroren.
Im weiteren Verlauf sind folgender Schritte Teil der Laborarbeit:
- Extraktion der DNA
- Vervielfältigung der DNA durch PCR
- Sequenzierung
Diese Arbeitsschritte erfolgen nach standardisiertem Protokoll und mit immer gleichem Material wie in den Studien Willems et al. 2016 und Reiner et al. 2021.
Bioinformatik und Statistik
Die Daten aus dem Sequenziergerät werden mit einem in der Arbeitsgemeinschaft entwickeltem Excel-Addin ausgewertet. Der letzte Schritt der Analyse zur genetischen Diversität und der Konnektivität der Populationen wird in Statistikprogrammen wie
und weiteren Funktionen und Paketen durchgeführt.
TESS
BAPS
STRUCTURE (Pritchard et al. 2010)
FSTAT (Goudet, 2005)
NeEstimator V2.1
RStudio
- PopGenReport
- pegas
- poppr
- diveRsity
und weiteren Funktionen und Paketen durchgeführt.

